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Mill, John Stuart

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Lebenslauf

geboren: 20. Mai 1806 bei London
gestorben: 8. Mai 1873 in Avignon

John Stuart Mill wurde als ältestes Kind des Philosophen und Historikers James Mill geboren. Schon als Dreijähriger wurde er von seinem Vater in Griechisch, Latein, Französisch und Deutsch unterrichtet. Als 14-Jähriger studierte er bereits Chemie, Zoologie, Mathematik, Logik und Metaphysik in Montpellier. In Frankreich begeisterte sich Mill für den französischen Liberalismus und für die Ideale der Französischen Revolution. 1821 kehrte er nach England zurück, wo er unter dem Einfluss von Benthams Schriften und dem darin vertretenen Nützlichkeitsprinzips zusammen mit Freunden die „Utilitaristische Gesellschaft“ gründete, in der ethische und gesellschaftspolitische Fragen diskutiert wurden. Von 1823 – 1858 arbeitete Mill bei der Ostindischen Handelsgesellschaft in zunehmend verantwortungsvolleren Positionen. Ab 1858 konnte er sich dank einer großzügigen Rente ganz auf seine Studien konzentrieren. 1865 zog Mill für eine liberale Partei ins englische Parlament ein, wo es ihm 1866 gelang, das Wahlrecht für Frauen einzuführen. Er starb an einer Wunderkrankung.


Bedeutung

John Stuart Mill war ein bedeutender englischer Philosoph des 19. Jahrhunderts. Er gilt neben Jeremy Bentham als der Begründer des Utilitarismus.


Lehre und Gedanken:

In liberalen Traditionen stehend, nimmt die Verteidigung der Freiheit in Mills Denken und seinen Werken einen zentralen Stellenwert ein.
Sein Essay „Über die Freiheit“ ist mit seinem Versuch, die Grenze zwischen staatlicher Verfügungsgewalt und persönlichen Freiheitsrechten zu bestimmen, ein Grundtext des politischen Liberalismus geworden. Die größte Gefahr für die Freiheit sah Mill im gesellschaftlichen Konformitätsdruck, d. h. in dem Zwang, sich wie alle anderen zu verhalten, was er auch den „Terror der Gesellschaft“ nennt. Die Freiheit müsse, so Mill, auch gegen die Demokratie und sogar das Individuum selbst verteidigt werden. Sie ist unbedingt schützenswert, weil sie der „erste und stärkste Wunsch der menschlichen Natur“ ist und die Voraussetzung dafür, dass der Mensch Geist und Moral entwickeln könne. Deshalb müsse alles staatliche und auch individuelle Handeln darauf ausgerichtet sein, dem Einzelnen eine freie Entwicklung zu gewähren. Die Freiheit des Einzelnen darf nur aus einem einzigen Grund beschränkt werden:

„[…] dass der einzige Grund, aus dem die Menschheit, einzeln oder vereint, sich in die Handlungsfreiheit eines ihrer Mitglieder einzumischen befugt ist: sich selbst zu schützen. Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zwang gegen den Willen eines Mitglieds einer zivilisierten Gesellschaft rechtmäßig ausüben darf: die Schädigung anderer zu verhüten.“ (John Stuart Mill: Über die Freiheit)

Der 1861 erschienene Essay „Der Utilitarismus“ ist im angelsächsischen Raum der meistgelesene, meistdiskutierte und auch meistkritisierte moralphilosophische Text überhaupt. In ihm begründete Mill – als Weiterentwicklung von Ideen Jeremy Benthams und seines Vaters James Mill – eine Ethik, die Handlungen nach ihrer Nützlichkeit als sittlich und moralisch gut beurteilt. Grundlage aller utilitaristischen Theorien ist die Annahme, dass alle Menschen danach streben, Lust zu gewinnen und Unlust zu vermeiden. Lust meint dabei nicht nur physische Lust und Sinnlichkeit, sondern auch und vor allem geistige Erfüllung und „Glück“.
Die moralische Richtigkeit einer Handlung ist an den zu erwartenden Folgen zu bemessen. Dabei ist der Maßstab: das größtmögliche Glück für die größtmögliche Anzahl von Menschen. Und so wie jeder Einzelne von Natur aus nach Glück strebt, so definiert Mill das Glück aller als das höchste zu erreichende Gut für die gesamte Menschheit.

Auch die in seiner politischen Theorie geforderten Freiheitsrechte (Freiheit der Person, Gewissensfreiheit, Meinungsfreiheit, Presse-, Versammlungs- und Koalitionsfreiheit) begründet Mill durch seine utilitaristische Theorie:

„Hat jemand einen unserer Ansicht nach begründeten Anspruch darauf, dass ihm die Gesellschaft ein bestimmtes Gut verbürgt, dann sagen wir, dass er ein Recht darauf hat […] Ein Recht zu haben bedeutet demnach, etwas zu haben, das mir die Gesellschaft schützen sollte, während ich es besitze. Wenn nun jemand fragt, warum sie das tun sollte, kann ich ihm keinen anderen Grund nennen als die allgemeine Nützlichkeit.“ (John Stuart Mill: Der Utilitarismus)

Die Freiheit des Einzelnen und seine unveräußerlichen Grundrechte sind also deshalb zu schützen, weil sie von allgemeinem Nutzen sind und dem höchsten Gut, dem Glück aller, dienen.


Hauptwerke von John St. Mill

„Über die Freiheit“(1859)
John St. Mill: Über die Freiheit. Stuttgart: Reclam 1995.

„Der Utilitarismus“ (1861)
John St. Mill: Der Utilitarismus. Stuttgart: Reclam 2006.




Über John St. Mill

Peter Rinderle: John Stuart Mill. München: C. H. Beck 2000.

Ralph Schumacher: John Stuart Mill. Frankfurt /M.: Campus Verlag 1994.


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2010

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